St. Peter-Ording- Plastik im Paradies – Die stille Bedrohung
Es gibt diesen einen Moment, wenn man über den langen Steg läuft. Unter den Füßen knarzt das Holz, vor den Augen liegt die endlose Weite von St. Peter-Ording. Himmel, Watt, Sand – alles verschwimmt zu einem einzigen Atemzug Freiheit. Ich lasse mich in den Strandkorb sinken, den Wind im Gesicht, das Rauschen des Meeres im Ohr. Ein Ort wie aus einer anderen Welt. Fast! Denn ich sehe auch: St. Peter-Ording – Plastik im Paradies.
Denn irgendwann fällt mein Blick auf das, was nicht hierhergehört. Ein zerknitterter Joghurtdeckel. Eine halb vergrabene Plastiktüte. Ein Stück Netz. All das liegt da, zwischen den Muscheln, den Algenresten, dem natürlichen Treibgut. Wie stille Mahnmale einer Welt, die den Bezug zu ihrem Ursprung verliert.
Das Wattenmeer rund um St. Peter-Ording ist ein UNESCO-Weltnaturerbe
Es ist ein Schutzraum für Millionen Vögel, eine Kinderstube des Lebens. Doch selbst dieser paradiesische Ort bleibt nicht verschont von der globalen Plastikflut. Mikroplastik treibt in den Wellen, unsichtbar und gefährlich. Größere Teile landen mit der nächsten Flut am Spülsaum. Manche zerbrechen, andere bleiben lange liegen. Manche werden von Vögeln verschluckt – und mit ihnen auch die Illusion, wir könnten einfach so weitermachen.
Im Gespräch mit einem Wattführer meinte der: „Das Watt vergisst nichts. Was hier landet, bleibt. Oder es wandert weiter.“ Und manchmal wandert es sogar in uns hinein – über Muscheln, Fische, Luft. Ein Kreislauf, den wir selbst geschaffen haben.
Wenn ich im Strandkorb sitze, den Blick aufs Watt gerichtet, spüre ich diese Mischung aus Dankbarkeit und Sorge. St. Peter-Ording ist für viele ein Sehnsuchtsort – und genau deshalb braucht er unseren Schutz. Nicht nur mit Müllzangen und Sammelaktionen (auch wenn die wichtig sind), sondern vor allem mit Bewusstsein. Plastik beginnt nicht erst am Strand – es beginnt in unserem Alltag. Beim Einkauf. Beim Konsum. Bei unseren Entscheidungen.
Denn was bedeutet schon ein einzelner weggeworfener Flaschendeckel, wenn man auf die endlosen Dünen schaut? Und doch ist genau dieser Flaschendeckel manchmal das, was einem Seevogel das Leben kostet. Oder am Ende uns selbst – über Nahrungsketten, über die Luft, über die kleinsten Teilchen, die wir längst nicht mehr sehen.
In den vergangenen Jahren hat sich viel getan. In St. Peter-Ording zum Beispiel engagieren sich viele Menschen dafür, dass das Watt nicht zur Müllkippe wird. Freiwillige organisieren Clean-ups, Schulklassen sammeln Müll bei Wattwanderungen, Umweltverbände klären auf.
Es sind Menschen des Alltags, die dem Paradies seine Würde zurückgeben
Menschen, die frühmorgens losgehen, um mit Eimern und Handschuhen das zu entfernen, was andere achtlos liegenlassen. Menschen, die Kindern erklären, was ein Stück Plastik im Watt bedeutet – für Krabben, für Würmer, für Seevögel, für uns alle. Sie erleben so, die Gegenwart direkt auch wenn die Sendungen im TV schon einiges bewirken ich erlebe das an meiner 8 jährigen Enkelin und unseren Gesprächen über Plastikmüll beim Einkaufen.
Meine Enkelin, acht Jahre alt, hat auf einem dieser Clean-up-Spaziergänge einen alten Schnuller gefunden. Sie schaute ihn an, schaute mich an und runzelte die Stirn und sagte dann: „Warum werfen Menschen so was ins Meer?“ Ich wusste darauf keine gute Antwort. Aber vielleicht war die Frage schon ein Anfang für die von mir ausgesehen übernächste Generation den Wert des Wattenmeeres und der Natur wie wir sie noch kennen zu schätzen.
Und während ich diesen Text schreibe, habe ich noch immer den salzigen Wind von St. Peter-Ording in der Nase. Noch immer höre ich das Rufen der Austernfischer. Noch immer spüre ich den weichen Sand unter den Füßen.
Vielleicht liegt der wahre Wert dieses Ortes darin, dass er uns nicht nur Erholung schenkt – sondern uns auch lehrt, Verantwortung zu übernehmen. Für das, was wir lieben. Für das, was wir oft für selbstverständlich halten. Gerade im Urlaub!
Denn ein echtes Paradies braucht keine Verpackung.
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